Zur Geschichte

b) STADTTEIL SCHÖNAU

Zur Gründungsurkunde des Klosters Schönau


In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts kam der Wormser Bischof Buggo II. in den Odenwald. Verzaubert von dem Anblick, der sich ihm vom Berge herab (heute: Bischofsblick) bot ­ vier Täler kreuzen sich; der Greinerbach und der Schafbach münden durch saftige gründe Wiesen in die Steinach ­ soll er ausgerufen haben:
 
" hier in diesen schönen Auen laßt uns ein Kloster bauen".
 
Tatsächlich wurde am 21. März 1142 auf diesem Gebiet ein Zisterzienserkloster gegründet.
 
Wie aus der Gründungsurkunde hervorgeht, stand der ausgesuchte Platz - "die schöne Au" - im Eigentum der Wormser Kirche. Diese gab ihn dem Grafen Boppo von Laufen zu Lehen. Vom Grafen wiederum war der Bligger von Steinach damit belehnt worden. Dieser gab auf Bitten den Ort zurück, in folgenden Grenzen: Vom Klüpfelsbach bis zum Blindenbach auf beiden Seiten des Flusses Wiesen, Äcker, Wasserläufe und Gebüsch mit dem angrenzenden Wald zwischen Gansaha (Greinerbach) und Ottersbuch (Rittersbach). Graf Boppo und der Bligger von Steinach waren bei dieser Gründung unter anderen weltlichen und geistlichen Herren als Zeugen anwesend. In der Folgezeit entstanden mächtige Klosterbauwerke. Insgesamt 73 Jahre mußte gebaut werden, ehe im Jahre 1215 das Kloster eingeweiht werden konnte.
Das Zisterzienserkloster Schönau gelangte zu hohem Ansehen und reicher Blüte. Der Besitz des Klosters, meist durch Schenkungen im 12. und 13. Jahrhundert erworben, erstreckte sich von Hirschhorn bis zum linksrheinischen Gebirgsrand, sowie in die Umgebung von Frankfurt. 44 Äbte standen dem Kloster bis zu dessen Aufhebung vor.
Nach der Reformation - mit der die Kloster in der Pfalz aufgehoben wurden - siedelte Kurfürst Friedrich III. dafür 35 wallonische Flüchtlingsfamilien aus der Gegend von Namur und Lüttich in den leerstehenden Klostergebäuden 1562 an. Zusammen mit einigen Familien, die während der Klosterzeit als Hofpächter in den Außenbezirken lebten, bildeten sie die Bevölkerung Schönaus zu jener Zeit.
 
Bereits zu diesem Zeitpunkt erhielt die Siedlung Stadtrechte und auch der Name des Ortes hatte sich über einige Umwege herausgebildet. Über Schonaugia (1142), Sconaugia (1165), Schonawe (1196), Sconogia (1211), Schonowe (1228), Scoenovia (1241), Schonenaugen (1275), Schonenouwe (1302), Schonaigia (1320), Scononauwe (1324), Schoenowe (1324) und Schonauwe (1428). Ein zweites Mal setzte im Tal vielfältiges Bauen ein. Das Bild der Klosteranlage wurde zum Großteil zerstört. Die Wallonen bauten die große Klosterkirche (84 m Länge) zu Wohnungen um, um nach und nach auch die restlichen Klosteranlagen zu Wohnzwecken umzugestalten. Nur das als Kirche benutzte Herrenrefektorium (Speisesaal der Mönche) blieb von den Umbauten verschont und stellt heute gemeinsam mit der sog. "Hühnerfautei" die wertvollsten baulichen Dokumente aus der Klosterzeit dar. In jener Zeit wurde das "Wallonenhaus" auf den Fundamenten der ehemaligen Klosterschmiede im Jahre 1588 in Fachwerk errichtet. Ebenfalls in jener Zeit, nämlich 1595, entstand die Hofmühle. Erhalten ist auch noch das obere Tor, der alte Hauptzugang zum Kloster. (Siehe auch Gebäude)
Diese nordwestliche Klosterpforte ist um das Jahr 1200 entstanden. Aus den spätgotischen Zutaten kann man jedoch ersehen, daß noch Jahrhunderte später daran gearbeitet wurde. Mit den Wallonen - durchweg Tuchmacher und Schönfärber - die das in der Heimat erlernte Handwerk weiter ausübten, blühte dieses Gewerbe und damit das Handwerk in Schönau auf.
 
Für die sich entwickelnde Stadt reichte der Klosterbezirk lange Zeit aus. In der gerade neu erblühten Größe setzte der 30jährige Krieg ein, der auch Schönau heimsuchte. Im Dezember 1621 lagen 6 Fähnlein (je 1000 Mann) des bayerischen Regiments zu Fuß Mortaigne unter dem Obersten Levin von Mortaigne in Schönau, nachdem sie zuvor das Städtchen erobert hatten.
 
Viel hat nicht gefehlt und die Siedlung wäre wieder untergegangen, denn die Existenz war erneut - zum dritten Mal - aufs schwerste bedroht. Niedergang des Gewerbes, Verarmung der Bevölkerung und Zerfall der Häuser waren die Folge. Verödung der Felder, Teuerung, Hungersnot, Krankheit und großes Sterben brachte der Krieg mit sich. Das Städtchen schmolz zusammen und löste sich schließlich auf.
 
Nach Ende des 30jährigen Krieges kamen die Versprengten und Geflüchteten nach und nach zurück. Gemeinsam mit einem starken Zuzug aus den Nachbarorten aber auch von weither (Berner Oberland) entwickelte sich die Siedlung neu, so daß sich die Verhältnisse wieder besserten. Wurde 1650 noch nur ein Kind geboren und fand nur eine Eheschließung statt, so waren es 1653 bereits wieder 10 Geburten, 1686 sogar 25.
Im Jahre 1816 hatte Schönau dann die stattliche Einwohnerzahl von 1168 und 1833 gar 1422 erreicht. Dieser schnelle Zuwachs war in Anbetracht der hohen Zahl von Geburten kein Wunder. So wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts in einem Jahre 97 Kinder geboren. Doch auch die Sterberate war zu jener Zeit beträchtlich, wie das Jahr 1870 mit insgesamt 68 (darunter allein 49 Kinder) zeigt.
Ein für rund 100 Jahre wichtiger Schritt wurde am 20. Oktober 1869 getan, als die Almosenwiesen an den Fabrikanten Freudenberg zum Preis von 700 Gulden veräußert wurden. Anstelle des aufgrund der industriellen Revolution (beispielsweise Einführung des mechanischen Webstuhls) Mitte des 19. Jahrhunderts stark zurückgegangenen Tuchmachergewerbes wurde damit für die Einwohner des Städtchens und für das gesamte Steinachtal eine neue Erwerbsquelle erschlossen. Die Ansiedlung der Firma Freudenberg war auch gleichzeitig der Beginn weiterer Industrialisierung, denn weitere Betriebe folgten im Laufe der Zeit.
Bereits früh im 20. Jahrhundert - Schönau zählte inzwischen 1800 Einwohner - wurden wichtige Einrichtungen, wie das Volksbad (1904) und die Kanalisation (1910) geschaffen. Das elektrische Licht hielt 1914 in Schönau seinen Einzug.
 
Ein weiterer Rückschlag erfolgte mit dem 1. Weltkrieg. Dennoch entwickelte sich das Städtchen nach Kriegsende zügig weiter, so daß sehr schnell das ehemalige Klostergebiet nicht mehr ausreichte und die Außenbezirke besiedelt wurden. Südlich der Ringmauer war es im Gerstenacker der "Hof", im nördlichen Teil der Torweg, die nun bebaut wurden. Die Einwohnerzahl stieg bis zum Jahre 1935 auf 2230.
 
Auch der 2. Weltkrieg brachte Rückschlag und Stagnation. Erneut mußte in den Nachkriegsjahren gebaut werden - um Zuzüge aufnehmen zu können. So fanden allein 553 Flüchtlinge in Schönau eine neue Heimat und sprunghaft stieg die Einwohnerzahl im Jahre 1946 auf 2949 und im darauffolgenden Jahr auf 3035. Wohnungen wurden dringend benötigt, so daß die Bautätigkeit noch weiter in die Außenbereiche der Stadt ausgedehnt wurde. Erst mit der Fertigstellung der Lindenbachsiedlung war man aus dem Ärgsten heraus. In den 50er und 60er Jahren erlebte das Städtchen eine hohe Blüte. Weit über 1000 Arbeitsplätze waren bei den verschiedensten Unternehmen am Orte für die Schönauer Bevölkerung und für die nähere Umgebung vorhanden. Die
Steuerkraft der Stadt Schönau zu jener Zeit war beträchtlich und Schönau galt als eine der reichsten Gemeinden des ehemaligen Landkreises Heidelberg. Beachtlich war jedoch in diesen Jahren auch die Entwicklung im Erholungsbereich. Mehrere 100 Gäste pro Woche verbrachten in Schönau ihren Urlaub und bewiesen damals schon, daß ein landschaftlich schön gelegenes Gebiet - trotz erheblicher Gewerbeansiedlungen - auf den Fremdenverkehr nicht verzichten braucht.
 
Die Rezession in den 60er Jahren traf Schönau hart. Viele Unternehmen wurden geschlossen - über 1000 Arbeitsplätze gingen verloren. Die Ansiedlungsversuche gestalteten sich - bis in die jüngste Gegenwart - sehr schwierig, da Schönau nicht mehr über einen Bahnanschluß verfügt und auch die Fernstraßen einige Kilometer entfernt liegen.
Parallel zu dieser Entwicklung ging auch der Fremdenverkehr stark zurück, da wohl insbesondere Billigreisen ins Ausland - dazu noch in fast sicheres Sonnenwetter - für viele Erholungsorte in Deutschland zur übermächtigen Konkurrenz wurden.

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